FRANZ KAFKA – HEIMKEHR – Geschichten – DE

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Franz Kafka

 

Heimkehr

(Geschichten)

 

 

 

Ich bin zurückgekehrt, ich habe den Flur durchschritten und blicke mich um.

Es ist meines Vaters alter Hof. Die Pfütze in der Mitte. Altes, unbrauchbares Gerät, ineinander verfahren, verstellt den Weg zur Bodentreppe. Die Katze lauert auf dem Geländer. Ein zerrissenes Tuch, einmal im Spiel um eine Stange gewunden, hebt sich im Wind.

 

 

Ich bin angekommen.

Wer wird mich empfangen? Wer wartet hinter der Tür der Küche?

Rauch kommt aus dem Schornstein, der Kaffee zum Abendessen wird gekocht.

 

Ist dir heimlich, fühlst du dich zu Hause? Ich weiß es nicht, ich bin sehr unsicher.

 

Meines Vaters Haus ist es, aber kalt steht Stück neben Stück,

als wäre jedes mit seinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt,

die ich teils vergessen habe,

teils niemals kannte.

 

Was kann ich ihnen nützen, was bin ich ihnen

und sei ich auch des Vaters, des alten Landwirts Sohn.

 

Und ich wage nicht an die Küchentür zu klopfen,

nur von der Ferne horche ich,

nur von der Ferne horche ich stehend,

nicht so, dass ich als Horcher überrascht werden könnte.

Und weil ich von der Ferne horche, erhorche ich nichts,

 

nur einen leichten Uhrenschlag höre

 

…ich oder glaube ihn vielleicht nur zu hören, herüber aus den Kindertagen.

 

Was sonst in der Küche geschieht, ist das Geheimnis der dort Sitzenden,

das sie vor mir wahren.

 

Je länger man vor der Tür zögert,

desto fremder wird man.

 

Wie wäre es, wenn jetzt jemand die Tür öffnete und mich etwas fragte.

Wäre ich dann nicht selbst wie einer, der sein Geheimnis wahren will.

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Franz Kafka – Heimkehr

 

 

 

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Franz Kafka

 

 

Franz Kafka fühlte sich als einsamer und unverstandener Einzelgänger, nur mit Max Brod und Franz Werfel verband ihn Freundschaft; Franz Kafka bekannt war er auch mit Martin Buber und Johannes Urzidil. In den Sommermonaten der Jahre 1910 bis 1912 führten ihn Reisen und Kuraufenthalte nach Italien, Frankreich, Deutschland, Ungarn und in die Schweiz. Sein Verhältnis zu Frauen war schwierig und problematisch: zweimal hat er sich 1914 verlobt und das Verlöbnis wieder gelöst; 1920-1922 quälte ihn eine unerfüllte Liebe zu Milena Jesenska, was zahlreiche erhaltene Briefe dokumentieren; seit 1923 lebte er mit Dora Dymant zusammen als freier Schriftsteller in Berlin und Wien, zuletzt im Sanatorium Kierling bei Wien, wo er an Kehlkopftuberkulose starb.

Sein literarischer Nachlass, den er testamentarisch zur Verbrennung bestimmt hatte, wurde posthum gegen seinen Willen von Max Brod veröffentlicht. (gutemberg.spiegel.de)

 

 

 

 

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